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Versicherungsbestand verkaufen

Was Makler vorab wissen müssen
Lesedauer: 15 Minuten, aktualisiert am 8. Juni 2023

Der Bestandsverkauf ist für viele Versicherungsmakler die favorisierte Option, um sich in den Ruhestand zu verabschieden. Und sie kann sich durchaus rechnen. Wichtig ist jedoch, dass Sie eine solche Transaktion gut vorbereiten und wissen, was es zu beachten gilt. Interessiert Sie (noch) nicht, bis zur Rente ist es schließlich noch eine Weile? Verständlich, aber womöglich zu kurz gedacht. Wer seinen Maklerbestand verkaufen will, sollte im Idealfall etliche Jahre vor dem geplanten Verkaufszeitpunkt beginnen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Die wichtigsten Aspekte finden Sie in diesem Beitrag.

Wichtige Begrifflichkeiten: Reiner Bestandsverkauf oder Unternehmensverkauf?

Zunächst einmal sollten Sie sich bewusst machen, was genau Sie eigentlich veräußern möchten: Wollen Sie lediglich Ihren Versicherungsbestand verkaufen oder soll Ihr gesamtes Unternehmen an einen anderen Makler übergehen. Dabei spielt die Rechtsform Ihres Maklerbüros eine entscheidende Rolle. Als Einzelunternehmung verkaufen Sie in der Regel die Courtageansprüche aus Ihrem Versicherungsbestand. Firmiert ein Vermittlerbetrieb als juristische Person, beispielsweise als GmbH, wird meist das gesamte Unternehmen veräußert.

  • Bestandsverkauf (Asset Deal): Es wird ein bestimmter Vermögenswert (nichts anders bedeutet der Begriff “Asset”) veräußert. In der Regel geht es um den Verkauf des Versicherungsmaklerbestands – also den gesamten Kundenstamm samt der damit verbundenen zukünftigen Courtageansprüche.
  • Verkauf des Maklerunternehmens (Share Deal): Hier wird die gesamte Firma an den neuen Besitzer übertragen, nicht nur der Versicherungsbestand. Das heißt, es gehen unter anderem auch Arbeitsverträge von etwaigen Angestellten sowie Büroflächen samt entsprechenden Mietverträgen auf den neuen Unternehmensinhaber über. Genau wie sämtliche Forderungen und Pflichten des Maklerbüros.

Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile. Bei der Übernahme eines kompletten Unternehmens fällt beispielsweise die Steuerlast geringer aus – sowohl für den Verkäufer als auch für den Käufer. Das verschafft Kaufinteressenten womöglich mehr finanziellen Spielraum. Und kann somit für Sie zu einem höheren Verkaufserlös führen. Häufig ist eine solche Komplettveräußerung in der Abwicklung unkomplizierter, da nicht alle Vermögensteile einzeln übertragen werden müssen. Zudem übernimmt der Käufer dabei auch etwaige Forderungen und Verpflichtungen des ehemaligen Inhabers.

Wenn Sie hingegen nur Ihren Maklerbestand verkaufen, liegen Rechte und Pflichten, die daraus resultieren, zunächst weiter bei Ihnen. Denn Sie haben nur das Asset “Bestand” samt der damit verbundenen Courtageansprüche verkauft. Um Verpflichtungen, die sich aus dem Versicherungsbestand ergeben, ebenfalls auf den Käufer zu übertragen, müssen entsprechende Klauseln in den Kaufvertrag aufgenommen werden. Anders als beim Share Deal muss der Bestand explizit auf den Käufer übertragen werden. Dafür müssen Sie alle betroffenen Versicherer kontaktieren und die beabsichtigte Bestandsübertragung anzeigen. Da dieser Prozess bei vielen Gesellschaften nicht automatisiert ist, ist er oft langwierig und zudem fehleranfällig.

Tipp: Beim Bestandsverkauf Fachanwalt hinzuziehen

Beim Kaufvertrag für einen Versicherungsmaklerbestand gibt es diverse rechtliche Fallstricke. Selbst wenn Sie den potenziellen Käufer persönlich kennen und Sie sich über die Details der Übernahme einig sind, sollten Sie den Vertrag nicht als Formsache betrachten, sondern alles Wichtige festhalten. Denn Unwägbarkeiten tauchen oft erst auf, wenn der Deal schon abgeschlossen ist. Und diese rückwirkend zu klären, ist meist schwierig.

Nutzen Sie für die Vertragsgestaltung in der Branche bewährte Vorlagen und ziehen Sie im Zweifelsfall einen Fachanwalt hinzu. Als DEMV-Mitglied stellen wir Ihnen entsprechende Vertragsvorlagen kostenlos zur Verfügung, sprechen Sie uns bei Bedarf gerne an.

Bestandsverkauf mit allen Rechten und Pflichten

Meist wünschen beide Vertragsparteien, dass der Bestand mit allen Rechten und Pflichten übertragen wird. Die Rechte sichern dem Bestandskäufer Ansprüche auf Dynamikcourtagen und laufende Abschlussvergütungen zu, die aus rechtlicher Sicht zur Abschlusscourtage gezählt werden. Im Gegenzug übernimmt der Käufer die Verpflichtung, Stornos zurückzuzahlen – auch wenn die Vermittlung noch über den vorherigen Makler stattgefunden hat. Der Altmakler hat mit der Bestandsveräußerung keinen stornoverhindernden Einfluss mehr, weshalb die Haftungsübertragung auf den Verkäufer nur logisch ist.

Wie die Situation im Stornofall gehändelt wird, sollte im Kaufvertrag fixiert werden. Das Risiko kann etwa durch Übertragen der Stornoreserve abgegolten werden oder bei der Festsetzung des Kaufpreises einfließen.

Wenn Versicherer nicht mitspielen

Es kommt vor, dass Versicherer der Bestandsübertragung auf den Käufer nicht zustimmen. Im Kaufvertrag sollten Sie eine Regelung für solche Fälle festhalten. Üblicherweise richtet sich der Kaufpreis nach dem tatsächlich übertragenen Bestand. Das lässt sich zum Beispiel regeln, indem die Zahlung des Kaufpreises in zwei Tranchen vereinbart wird. Wobei die zweite Tranche erst nach Abschluss der Bestandsübertragung fällig ist. So können nicht übertragene Verträge aus dem ursprünglich vereinbarten Betrag herausgerechnet werden.

Versicherungsbestand bewerten: Was ist ein guter Preis für meinen Kundenstamm?

Die zentrale Frage bei Bestandsveräußerungen ist die nach dem Wert des eigenen Unternehmens beziehungsweise des Bestands. Eine einfache, allgemeingültige Antwort darauf gibt es leider nicht. Dafür aber diverse Methoden, die zur Bewertung herangezogen werden. Zu den bekanntesten zählen

  • Ertragswertverfahren: Basiert auf dem aktuellen Barwert des Unternehmens, aus dem mithilfe eines kalkulatorischen Zinssatzes (der sog. Kapitalisierungszins) der zukünftige Unternehmenswert abgeleitet wird.
  • Kundenwertverfahren: Orientiert sich am Brutto-Gewinn (EBITDA), der sich über die Gesamtdauer eines Kundenlebenszyklus mit einem Kunden erwirtschaften lässt.
  • Umsatzwertverfahren: Zugrunde gelegt wird der Umsatz innerhalb eines bestimmten Zeitraums in der Vergangenheit sowie bestimmte Bestandsmerkmale.

Um einen Versicherungsbestand realistisch zu bewerten, braucht es aber mehr als mathematischen Berechnungsmethoden. Qualitative Merkmale spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Dazu zählen beispielsweise Fragen wie:

  • Wie ist die Altersstruktur des Kundenstamms?
  • Wie treu sind die Kunden? Akzeptieren Sie einen Betreuungswechsel?
  • Wie gut ist der Bestand organisiert? Kann der Käufer ihn unkompliziert digital übernehmen oder ist er auf verschiedene Systeme verteilt, womöglich teilweise noch in Papierform?
  • Wie ist der Bestand verteilt, gibt es starke Abhängigkeiten von einzelnen Großkunden?
  • Wie hoch sind die Schadenquoten?

Kein Wunder, dass sich viele Makler angesichts dieser Komplexität schwertun, einen Preis für ihren Kundenstamm zu benennen. Oft wird deshalb auf einfache Faustformeln zurückgegriffen:

  • Bei Asset Deals (reiner Bestandsverkauf): Bestandspflegevergütung multipliziert mit 2,5 bis 3,5. Bei Kfz wird ein Faktor zwischen 1,0 und 1,5 angesetzt.
  • Bei Share Deals (Unternehmen mit Mitarbeiterstruktur): Jahresgewinn multipliziert mit einem Faktor zwischen 4 und 7 (abhängig von der Unternehmensgröße).

Alternativ gibt es am Markt mittlerweile diverse Dienstleister, die sich auf die Bewertung von Versicherungsmaklerbeständen konzentrieren. Ein solches externes Gutachten kann helfen, das Interessen von potenziellen Käufern zu wecken, da es für Vertrauen sorgt. Ein Garant, dass Sie Ihren Versicherungsbestand tatsächlich zum ermittelten Wert verkaufen können, ist es aber nicht.

Letztendlich bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis. Der Aufbau eines großen Interessentenpools ist aus unserer Erfahrung daher einer der relevantesten Faktoren, um einen möglichst hohen Kaufpreis zu erzielen.

Tipp: Wertoptimierung vor Bestandsverkauf

Durch zwei einfache Maßnahmen lässt sich der Wert Ihres Versicherungsbestandes deutlich erhöhen:

  1. Bestand einheitlich digitalisieren: Überführen Sie Ihren gesamten Bestand in ein System. Das sorgt für einen transparenten Überblick und gibt Käufern Sicherheit, dass der Wert des Bestandes tatsächlich vorhanden ist. Außerdem sind volldigitale Bestände mit einem technisch ausgereiften MVP wie Professional works beim Verkauf unkompliziert zu übertragen.
  2. Verträge optimieren: Prüfen Sie gründlich, ob es bei Ihren Kunden etwaige Versorgungslücken gibt, die Sie vor dem Bestandverkauf schließen. Dies erhöht die Bestandspflege und somit die Berechnungsgrundlage für den Preis.
Eine Person zeigt einer zweiten Person etwas am Tablet

Wir beraten Sie gerne bei Ihrer Suche nach potentiennen Kauf-Interessenten. © Freepik

Kaufinteressenten für den Maklerbestand finden

Neben der Bewertung des Versicherungsbestands ist die zweite große Herausforderung oft, einen passenden Käufer für den eigenen Kundenstamm zu finden. Insbesondere dann, wenn Sie nicht möchten, dass lokale Wettbewerber von Ihren Verkaufsabsichten erfahren. Eine Möglichkeit sind spezielle Online-Marktplätze für Versicherungsbestände, bei denen Sie Ihren Kundenstamm auch anonym zum Verkauf anbieten können. Für ihre Vermittlerdienste verlangen die Anbieter allerdings meist Servicegebühren oder Anteile im Verkaufsfall.

Wenn sich kein Käufer finden lässt, können Sie Ihren Bestand auch an einen Pool oder professionelle Bestandsaufkäufer veräußern. Unternehmen, deren Geschäftsmodell darin besteht, Versicherungsmaklerbestände aufzukaufen, arbeiten entsprechend professionell, sodass sich der Aufwand für Sie als Verkäufer vergleichsweise gering ist. Bei dieser Variante sollten Sie sich aber auch der Kehrseite bewusst sein. Und auf der stehen mehr als die Kosten für die Dienstleistung beziehungsweise der geringere Verkaufserlös.

Regionale oder überregionale Käufer – eine Entscheidung mit Folgen

Professionelle Bestandsaufkäufer arbeiten in der Regel überregional. Wenn der Kundenstamm nicht an einen Makler in der jeweiligen Region weitergereicht wird, werden Ihre ehemaligen Kunden meist von einem zentralen Servicecenter aus der Ferne betreut. Zudem geht es bei solchen Geschäftsmodellen in der Regel nicht darum, den Kundenbestand zu entwickeln. Dementsprechend erfolgt Kundenbetreuung oft nur reaktiv und nicht so, wie Ihre Kunden es von Ihnen gewohnt sind.

Das kann insbesondere dann schwierig werden, wenn Kundenbeziehungen über Jahrzehnte gewachsen und vielfach in Freundschaften übergegangen sind. Insbesondere in ländlichen Gegenden gibt es auch nach dem Bestandsverkauf viele Berührungspunkte mit den ehemaligen Kunden. Fühlen sich diese nach Ihrem Rückzug schlecht betreut oder womöglich sogar von Ihnen verraten und verkauft, kann das persönliche Beziehungen belasten.

Wenn Ihnen eine umfassende persönliche Betreuung Ihres Kundenstamms wichtig ist, empfiehlt es sich, den Versicherungsbestand möglichst an einen Maklerkollegen in der Region zu verkaufen. Denn dieser verfolgt im Regelfall das Ziel, den Bestand zu entwickeln. Dementsprechend stark wird er sich um Ihre Kunden bemühen.

Tipp: Unterstützung bei der Käufersuche durch den DEMV

Auf unserer Plattform Professional works bieten wir auch Nicht-Mitgliedern kostenfrei die Möglichkeit, Ihren Bestand diskret zum Verkauf anzubieten. Wir helfen Ihnen dabei, ein aussagekräftiges Unternehmensexposé anzufertigen und leiten dieses auf Wunsch anonymisiert an versierte Maklerkollegen aus Ihrer Region weiter. Dabei legen wir Wert darauf, dass Interessenten eine persönliche Betreuung Ihrer Kunden gewährleisten. Gibt es passende Interessenten, stellen wir einen Kontakt her, damit Sie in den in den Austausch gehen können.

Selbstverständlich ohne Gebühren oder Vermittlungsprovision. Sprechen Sie bei Bedarf einfach einen Maklerbetreuer an.

Ablauf und erforderliche Dokumente für den Verkauf

Die wichtigste Regel für einen beabsichtigten Bestandsverkauf: Beginnen Sie frühzeitig mit der Planung! Denn es ist in der Regel einiges an Vorbereitung erforderlich. Sollten Sie darüber nachdenken, die Rechtsform Ihres Maklerbüros angesichts der Vorteile beim Verkauf in eine juristische Person umzuwandeln, dauert es ganze fünf Jahre, bis der Steuereffekt voll zum Tragen kommt. Die Umfirmierung lohnt sich nicht nur aus steuerlichen Gründen. Wenn Unternehmen im Rahmen eines Share Deals übertragen werden, vereinfacht dies die Bestandsübertragung und die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben enorm.

Aber selbst wenn Ihr Unternehmen aus dem Stand übergabefähig ist, also alle vertraglichen Unterlagen vollständig vorliegen und Ihre Kundenakten topgepflegt und digitalisiert sind, sollten Sie ausreichend Zeit einplanen. So kommen Sie nicht in die Verlegenheit, sich auf das erstbeste Angebot einlassen zu müssen.

Grob lässt sich der Ablauf eines Bestandsverkaufs in folgende Schritte gliedern:

  1. Bestand für die Übergabe vorbereiten (Daten und Unterlagen auf aktuellen Stand bringen, vollständig digitalisieren und in einem System zusammenführen, falls mehrere Bestandsverwaltungen genutzt werden.)
  2. Versicherungsbestand bewerten und Unternehmensexposé erstellen
  3. Käufersuche
  4. Verhandlung der Übergabemodalitäten und Vertragsgestaltung
  5. Vertragsunterzeichnung
  6. Kunden über Betreuungswechsel informieren (nicht verpflichtend bei Share Deals)
  7. Anstoßen der Bestandsübertragungen (nur bei Asset Deals erforderlich)
Platzhalter
Kompletter Unternehmensverkauf (z. B. GmbH, UG)

In der Regel erfolgt zunächst die sogenannte Due Diligence: Eine intensive Prüfung durch den potenziellen Käufer, um sich ein Bild vom Unternehmen zu verschaffen. Dafür richtet das Unternehmen einen Datenraum ein und stellt alle wesentlichen Dokumente zur Verfügung, die für eine umfassende Unternehmensbewertung erforderlich sind. Aus den Unterlagen müssen auch die Risiken ersichtlich werden, die der neue Inhaber mitkauft.

Diese Liste gibt einen Eindruck, was zur Due-Diligence-Prüfung gehört, ist jedoch längst nicht vollständig.

    • Kopie Handelsregisterauszug
    • Gesellschafterverträge inklusive ggf. stattgefundener Änderungen (gesamte Urkundenkette)
    • Verträge aller Art (Arbeitsverträge, Courtagezusagen mit Versicherungsgesellschaften, Vertriebsvereinbarungen mit Maklerpools, Mietverträge, Leasingverträge etc.)
    • Offene und geschlossene Rechtsstreitigkeiten
    • Aufstellung vorhandener Versicherungen
    • Erklärung zu möglicher Haftung aus Fehlberatungen und getroffene Vorkehrungen
    • Auflistung aller Bankverbindungen
    • Auflistung aller verbundenen Unternehmen
    • Auflistung aller Dienstleister und Kooperationspartner
    • Bilanz der letzten fünf Jahre
    • Darstellung der Geschäftstätigkeit inklusive Wachstumschancen und Risiken

Spätestens zur Vertragsunterzeichnung müssen Sie einen Notar hinzuziehen, da das GmbH-Gesetz (§ 15 Abs. 3 GmbHG) eine notarielle Beurkundung vorschreibt. Der Notar soll vor allem die Beweiserleichterung sicherstellen. Im Nachgang soll sich keine Partei auf unzureichende Informationen berufen können. Zudem weist der Notar auf mögliche Risiken hin und stellt sicher, dass alle Beteiligten die Konsequenzen der Handlung überblicken. Dennoch ist es sinnvoll, bereits bei der Vertragsgestaltung einen Fachanwalt für Versicherungsrecht hinzuzuziehen.

Bezüglich der Informationspflichten gegenüber den Kunden ist ein Unternehmensverkauf unkomplizierter als eine Bestandsübernahme. Kunden müssen nicht über den Verkauf informiert werden, da sich für sie vertraglich und datenschutzrechtlich nichts ändert. Daher haben Kunden auch kein Widerspruchsrecht. Sofern sie mit der neuen Betreuungssituation unzufrieden sind, bleibt ihnen lediglich die Möglichkeit, erteilte Makleraufträge zu kündigen und zu einem anderen Vermittler zu wechseln.

Reine Bestandsübertragung (z. B. bei Einzelunternehmen, GbR)

Bei der reinen Bestandsübertragung gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Sobald Sie einen Kaufinteressenten gefunden haben, mit dem Sie sich handelseinig sind, können Sie einen Vertrag aufsetzen und danach mit der Bestandsübertragung beginnen. Im Kaufvertrag sollte möglichst detailliert festgehalten werden, welche Rechte und Pflichten beide Seiten haben, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Wichtige Punkte sind unter anderem:

  • Zahlungsmodalitäten: Sinnvoll ist eine Zahlung in mehreren Tranchen. Die Bestandsübertragungen können sich über Monate hinziehen. Während dieser Zeit erhält der Verkäufer weiterhin Courtagen, die dem Käufer zustehen. Diese Zahlungen sollten mit der Abschlusszahlung verrechnet werden.
  • Rückwerbeverbot: Käufer bestehen berechtigterweise meist auf einen Wettbewerbsverbot für den Vorbesitzer. Dies sollte klar umrissen werden sowie zeitlich, räumlich und auch gegenständlich begrenzt sein, um Sie nicht über Gebühr in Ihrer Berufsausübungsfreiheit einzuschränken.
  • Datenübergabe: Wann werden welche Daten (Kundenkontaktdaten, Versicherungspolicen, Beratungsdokumentationen etc.) an den Käufer übergeben?
  • Haftungsfreistellungen: Für den Verkäufer ist es sinnvoll, das Haftungsrisiko für bereits gezahlte Courtagevorschüsse an den Käufer zu übertragen, um das Stornorisiko zu reduzieren. Bei vielen Gesellschaften ist die Haftungsübernahme durch den Käufer zudem Voraussetzung für eine Zustimmung zur Bestandsübertragung.

Bei der eigentlichen Übertragung des Bestandes gibt es zwei Varianten:

  1. Übertragung mit allen Rechten und Pflichten: Bei dieser geläufigeren Variante erwirbt der Käufer nicht nur das Recht auf zukünftige Courtagen und Bestandspflege, sondern auch auf Dynamikprovisionen und die Übertragung der Stornoreserve. Gleichzeitig verpflichtet er sich, die Stornohaftung für die verbleibende Haftungszeit zu übernehmen. Bei dieser Variante wird für jede Versicherungsgesellschaft eine Kundenübersicht mit den bestehenden Verträgen erstellt. Käufer und Verkäufer müssen auf jeder Seite per Unterschrift die Freigabe bzw. die Annahme des Bestandes erklären.
  2. Übertragung per einfacher Freigabeerklärung (Code of Conduct): Bei dieser Variante, die sich eher für die Übertragung einzelner Verträge als für ganze Bestände eignet, erhält der Käufer nur das Recht auf künftige Bestandspflegevergütung. Der Anspruch auf Dynamikcourtagen sowie die Stornoreserve und das Stornohaftungsrisiko verbleiben beim Käufer. (Wenngleich einige Versicherer Courtagen aus Dynamiken aus technischen Gründen an den neuen Vermittler auszahlen).

GDV Code of Conduct bei der Bestandsübertragung

Um den Datenschutzanforderungen bei Bestandsübertragungen zu entsprechen, werden diese üblicherweise gemäß Artikel 20 des Code of Coduct (CoC) Datenschutz des GDV durchgeführt. Das erspart dem Verkäufer, von jedem Versicherungsnehmer eine explizite Einwilligung in die Übertragung seiner Daten und Verträge auf den Käufer einzuholen. Käufer müssen bei diesem Verfahren nicht von jedem Kunden eine eigene Maklervollmacht einholen.

Bei dem vereinfachten Verfahren gemäß GDV-Datenschutzkodex werden Versicherungsnehmer spätestens zwei Wochen vorher schriftlich über die anstehende Bestandsübertragung und ihr damit einhergehendes Widerspruchsrecht informiert. Nutzen die Versicherten dieses Widerspruchsrecht nicht, nehmen Versicherer, die sich dem Code of Conduct angeschlossen haben, die Bestandsübertragung vor.

Gewerbe- und IHK-Abmeldung erst nach Abschluss

Auch wenn es naheliegt, im Zuge einer gründlichen Vorbereitung schon einmal das Gewerbe abzumelden und ggf. Ihre IHK-Zulassung abzugeben: Dies ist immer der letzte Schritt und darf erst erfolgen, wenn der Bestandsverkauf vollständig abgeschlossen ist. Denn beides gehört zu den Vertragsgrundlagen sowohl mit Kunden als auch Produktgebern. Ohne Zulassung haben Sie keine Vergütungsansprüche mehr und können dementsprechend auch keinen Bestand samt Recht auf zukünftige Courtagen verkaufen.

Welche Steuern fallen beim Verkauf eines Versicherungsmaklerbestands an?

In der Regel sind Veräußerungsgewinne steuerpflichtig. Aufgrund der vielen unterschiedlichen Sachlagen und unterschiedlicher steuerlicher Behandlungen beim Verkauf eines Kundestamms beziehungsweise eines Maklerunternehmens (Teilverkauf oder Gesamtverkauf, Rechtsform, altersabhängige Steuerermäßigungen etc.) sollten Sie sich unbedingt von einem Steuerexperten beraten lassen.

Im Allgemeinen gilt, dass die steuerliche Situation beim Verkauf von kompletten Unternehmen günstiger ist als beim Abstoßen einzelner Vermögenswerte (reiner Bestandsverkauf als Asset Deal). Denn der Gesetzgeber möchte Unternehmensverkäufe nicht unnötig erschweren. Diese Steuerarten sollten Sie vor dem Verkauf bedenken.

  • Umsatzsteuer
  • Einkommensteuer
  • ggf. Kirchensteuer

Umsatzsteuer: Unterscheidung zwischen Komplett- oder Teilverkauf

Die gute Nachricht zuerst: Der Gewinn aus einem Unternehmensverkauf ist grundsätzlich nicht umsatzsteuerpflichtig – sofern das Unternehmen im Ganzen verkauft wird. Das gilt sowohl für juristische Personen als auch für Personengesellschaften und Einzelunternehmungen. Auch wenn ein für sich abgeschlossener Teilbetrieb verkauft wird, lässt sich die Umsatzsteuer umgehen.

Anders sieht es beim Verkauf von Rechten aus. Der Erlös daraus ist unterliegt der Umsatzsteuer. Wenn Sie also beispielsweise erst einmal nur den betreuungsintensiven Sachbestand veräußern wollen bzw. die Courtageansprüche daraus, dürfte dafür Umsatzsteuer anfallen.

Einkommensteuer: Fünftelregelung, Ermäßigung ab 55, persönlicher ESt-Satz

Kompliziert ist beim Unternehmensverkauf vor allem die Ertragssteuer; für Versicherungsmakler bedeutet das in der Regel konkret die Einkommensteuer. Entscheidend für die steuerliche Behandlung sind vor allem zwei Fragen:

  1. Ist der Verkäufer eine Privatperson oder eine juristische Person?
  2. Handelt es sich um einen Asset Deal oder einen Share Deal?

Grundsätzlich müssen Veräußerungsgewinne versteuert werden. Wenn Sie beim Verkauf über 55 Jahre alt oder dauerhaft berufsunfähig sind, können allerdings Sonderregelungen angewendet werden, die die Steuerlast reduzieren. Dazu zählt ein Freibetrag in Höhe von maximal 45.000 Euro gemäß § 16 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) sowie ermäßigter Steuersatz auf außerordentliche Einkünfte gemäß § 34 Abs. 3 EStG.

Zudem kann die sogenannte Fünftelregelung gemäß § 34 Abs. 1 EStG die Steuerlast abmildern. Dabei wird der Veräußerungsgewinn rechnerisch auf fünf Jahre verteilt, sodass die Basis für die Berechnung der individuellen Einkommensteuer niedriger ausfällt.

Im Allgemeinen gilt:

  • Bei Personengesellschaften und Einzelunternehmungen: Der Verkaufsgewinn wird mit Ihrem persönlichen Einkommensteuersatz versteuert.
  • Bei juristischen Personen (z. B. Verkauf einer GmbH): Wahl zwischen Fünftelregelung oder ermäßigtem Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EstG

Auf einen Blick: Unterschiede zwischen Verkauf als Privatperson oder juristischer Person

Einzelunternehmen o. Personengesellschaft Juristische Person (GmbH)
Bestandsübertragung Kunden müssen angeschrieben und auf ihr Widerspruchsrecht wegen Betreuungswechsel hingewiesen werden. Versicherer müssen Bestände auf neue Vermittlernummer übertragen; das dauert monatelang und ist fehleranfällig, da viele Versicherer BÜs manuell bearbeiten. Kunden sind Kunden der GmbH, durch den Eigentümerwechsel ändert sich nichts am Rechtsverhältnis. Daher muss Kunden auch kein Widerspruchsrecht eingeräumt werden. Und noch wichtiger: Die Versicherer müssen den Bestand nicht übertragen.
Notar erforderlich nein ja
Umsatzsteuer Entfällt, sofern Unternehmen als Ganzes oder mindestens als abgeschlossener Teilbetrieb veräußert wird. nicht umsatzsteuerpflichtig
Einkommensteuer Persönlicher Einkommensteuersatz Standardmäßig: Fünftelregelung
Wert Berechnungsgrundlage für den Kaufpreis ist i. d. R. der Bestand bzw. die Höhe der Bestandspflege pro Jahr. Üblich sind das 2,5- bis 3,5-Fache der BP, bei Kfz meist nur 1- bis 1,5-fach. Bei GmbH mit Mitarbeiterstruktur, mit der der Bestand weiter betreut werden kann, wird meist der Gewinn als Berechnungsgrundlage herangezogen. Als Kaufpreis wird abhängig von der Unternehmensgröße das 4- bis 7-Fache des Gewinns veranschlagt. Ggf. wird dabei das Geschäftsführergehalt anteileilig herausgerechnet.
Ohne Mitarbeiterstruktur dient wie bei Einzelunternehmungen meist die Bestandspflege als Berechnungsgrundlage.
Todesfall In Courtagezusagen steht, dass der Bestand an die Versicherung fällt. In der Praxis wird dies nicht gelebt und Bestände können verkauft werden. Für Hinterbliebene ist dies schwer zu überblicken, was den Verkauf erschwert. Die Maklerfirma kann verkauft werden.
Zum Autor

DEMV-Geschäftsführer Karsten AlleschKarsten Allesch ist Gründer und Geschäftsführer des Deutschen Maklerverbunds. Er war selbst als Versicherungsmakler tätig und kennt daher die Herausforderungen, mit denen Vermittler im Arbeitsalltag konfrontiert sind. Seine Mission heute: Digitale Lösungen zu schaffen, die Makler effektiv dabei unterstützen, aktuellen und künftigen Anforderungen gerecht zu werden.

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